Oder eher “warum nicht?”
Das sollte ursprünglich mein Motivationsschreiben für die Bewerbung in Trossingen werden, ist dann aber doch ausgeartet…

Eigentlich wollte ich niemals eine leitende Funktion übernehmen, schon gar nicht als Chorleiterin. Das ist so gar nichts für mich! – hab ich zumindest bis vor zwei Jahren geglaubt.

Vor neun Jahren fing ich an, im Sängerbund Friedrichshafen zu singen. Das war auch schon nicht ganz freiwillig, zumindest der Start. Ich arbeitete damals im ambulanten Pflegedienst und die Ehefrau eines Patienten hat mich sozusagen eingefangen. Jede Woche, wenn ich da war, erzählte sie mir vom Chor und spielte mir Konzertaufnahmen vor. Sie war so hartnäckig, aber auf eine sehr liebenswerte Art und Weise, dass ich irgendwann einer Schnupper-Probe zustimmte.

So nahm das Schicksal seinen Lauf… Es war so schön, dass ich hinterher vor lauter Endorphinen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekam.Die Leute waren nett, sehr nett sogar. Ich war das Küken, der Altersdurchschnitt war um die 65 Jahre, ich war 34 Jahre jung.

Nach einiger Zeit fing der damalige Vorstand an, mich zu bearbeiten, dass ich doch Vizechorleiterin werden könnte. Der Chorleiter selber hatte für Ausflüge keine Zeit und da war Not am Mann. 

Was soll ich sagen, lange konnte ich mich nicht dagegen wehren. Den ersten Ausflug, auf dem ich dann schon herhalten musste, musste ich allerdings noch als absolut unwissend bestreiten. Vorher hab ich natürlich vom Chorleiter wichtige Tipps und eine Stimmpfeife bekommen, damit ich es packe. Ich kann nur sagen: gut, dass der Chor die Lieder auch ohne Leitung konnte… Es war eine Erfahrung für mich und hinterher war klar: so etwas mache ich nicht mehr ohne Ausbildung!

So kam es, dass ich dann 2016 die Grundausbildung – genannt C1-Kurs – bei Anne-Regina Sieber (Verbandschorleiterin des Oberschwäbischen Chorverbands) in Baienfurt antrat.

Wahnsinn! Diese Frau ist einfach nur umwerfend und mein absolutes Vorbild. Der Kurs hat wirklich Spaß gemacht und hat mich um Längen nach vorn gebracht. Vizechorleiterei auf Ausflügen und das mit Stimmgabel(!) war jetzt kein Problem mehr.

Wie das halt so ist, wenn man mal Blut geleckt hat: man will mehr! Also meldete ich mich für die C2-Ausbildung in Trossingen an. Dieser Kurs geht jedes Jahr von Oster-Dienstag bis Sonntag und wird vom schwäbischen Chorverband (SCV) ausgerichtet. Ich kann diesen Kurs wirklich nur empfehlen! 

Die Dozenten sind Marcel Dreiling (Musikdirektor des SCV) und Anne-Regina Sieber (s.o.).

Diese Woche ist eigentlich Lern-Stress pur, macht aber so richtig fit. Außerdem kann man dort Freunde fürs Leben kennen lernen – so ging es zumindest mir. Seit diesem Kurs gibt es die Alphas, aber das ist eine andere Geschichte!

Zurück zum C2: 

Musiktheorie, Chorleitung, Gehörbildung und auch Stimmbildung gehören hier zum täglich Brot (Wein und Bier gab es abends…). Am Ende dann die Prüfung, ein Abschlußkonzert gemeinsam mit den Jazz-Chörlern, die zeitgleich eine Woche in Trossingen verbringen und dann ein tränenreicher Abschied. So sieht´s aus.

Aber hier hört die Geschichte ja nicht auf, es geht ja – zum Glück – im Chorverband noch weiter: Die C3-Ausbildung, früher “Hugo-Herrmann-Seminar” gibt es ja auch noch. 

Wer hätte es gedacht, aber bis auf zwei C-2ler haben sich alle meine Kurskollegen angemeldet. Was für ein Wiedersehen! 

Die C3-Ausbildung geht über ein Jahr und man sieht sich in regelmäßigen Abständen an den Wochenenden. Hier wird dann wieder von morgens bis abends gepaukt: Musikgeschichte, Musiktheorie, Chorleitung, Stimmbildung… So viel, was es noch zu lernen gibt! 

Die Abschlussprüfung besteht aus mehreren Teilen: Klavierprüfung, Gesangsprüfung, Theorie (schriftlich und mündlich), Chorleitung, Facharbeit und Musterprogramm. Es ist viel, ja, aber es ist machbar. Und wenn man dann erstmal die Urkunde in der Hand hält, dann ist man so stolz auf sich und traurig, dass es schon vorbei ist.

Vorbei? Nein!!! Man könnte ja noch… Soll ich, soll ich nicht? Hmm…

Ja, natürlich!!!

Es gibt noch so Vieles zu lernen im Bereich der Chorleitung, da kann ich doch jetzt nicht schon aufhören! 

Also ran an die Anmeldung und hoffen, dass es klappt! Nächstes Jahr geht es dann – hoffentlich – los mit der B-Qualifikation in Trossingen! 

Bis dahin muss ich noch viel üben und lernen… Aber ich bin zuversichtlich, schließlich macht mir die Chorleiterei inzwischen soviel Spaß, dass ich am Liebsten nichts anderes mehr machen würde!

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